Viele Kleinunternehmer kennen das Problem: Wenn man nur für einen einzigen Auftraggeber arbeitet, läuft man schnell Gefahr, zum Scheinselbstständigen zu werden.
Der Rechtsschein der Selbständigkeit wird erweckt, obwohl du dich eigentlich eher in einem Arbeitsverhältnis befindest.
Um die Tücken der Scheinselbstständigkeit sicher zu umschiffen, solltest du diesen Artikel lesen.
Inhalt
Scheinselbstständigkeit und Abhängigkeit
Als Scheinselbstständigen gerät man schnell in den Bereich der Weisungsgebundenheit bzw. der Abhängigkeit von einem einzigen Arbeitgeber. Dieser Status wird in der Folge nicht selten teuer.
Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass die Scheinselbstständigkeit nur mit wenigen eindeutigen Kriterien, dafür aber mit einem umso größeren Ermessensspielraum verbunden ist.
Dies kann sich nicht nur für dich selbst als Kleinunternehmer, sondern auch für deinen Arbeitgeber negativ auswirken. Selbstständige unterliegen nämlich nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht bezüglich Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Darüber hinaus haben sie keinen Anspruch auf die typischen Arbeitnehmerrechte wie beispielsweise Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub.
ACHTUNG: Selbstständige, die regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und gleichzeitig keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit einem Verdient von mehr als 450 Euro pro Monat beschäftigen, unterliegen zumindest der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Davon können sie sich innerhalb der ersten drei Jahren ihrer Tätigkeit per Antrag befreien lassen (siehe unten).
Befindet sich ein vermeintlicher Kleinunternehmer jedoch in einer Scheinselbstständigkeit und damit einem Abhängigkeitsverhältnis von seinem Auftraggeber, so müssen beide horrende Summen an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen, da die Befreiung von den Beiträgen keine Geltung hatte.
Damit du nicht in die Bredouille kommst und Nachzahlungen vermeiden kannst, haben wir für dich alles Wichtige zusammengestellt, dass du zur Vermeidung der Scheinselbstständigkeit wissen musst.
Die Unterscheidung zwischen Selbstständigem und Beschäftigtem in der Praxis
Die Unterscheidung zwischen Selbständigem und Beschäftigtem im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ist in der Praxis von entscheidender Bedeutung.
Ausschlaggebend ist dafür das Gesamtbild der Verhältnisse: Die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Umstände muss der Auftraggeber selbst vornehmen.
Der Selbstständige
Eine selbstständige Tätigkeit zeichnet sich durch drei Aspekte aus:
- die freie Gestaltung der Tätigkeit
- die Selbstbestimmung der Arbeitszeit
- die Verfügbarkeit über die eigene Arbeitskraft
Des Weiteren haben Selbstständige eine unternehmerische Entscheidungsfreiheit und tragen das unternehmerische Risiko. Darunter wird auch verstanden, Eigenverantwortung bei der Wahrnehmung unternehmerischer Chancen an den Tag zu legen. Merkmale einer solchen Praxis sind unter anderem die folgenden:
- selbstständige Entscheidung bezüglich der Einkaufs- und Verkaufspreise
- den Bezug von Waren
- die Einstellung von Personal
- der Einsatz von Kapital
- der Einsatz von Maschinen
- die Werbemaßnahmen des Unternehmens
Wie wird die Scheinselbstständigkeit geprüft? – Scheinselbständigkeit prüfen
Wenn ein Verdacht auf eine scheinselbstständige Tätigkeit besteht, entsendet die Deutsche Rentenversicherung Bund einen Prüfer, um den Umständen auf den Grund zu gehen. Auch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FSK), eine Dienststelle des Deutschen Zolls, kann eine Prüfung durchführen, ebenso wie ein Arbeitsgericht, das Finanzamt oder ein Auftraggeber oder Auftragnehmer.
Die letzten beiden Fälle kommen vor allem dann vor, wenn ein Auftragnehmer beispielsweise seinen Kündigungsschutz einklagen oder der Auftraggeber das Vertragsverhältnis kündigen möchte. Dennoch bleibt es den Parteien verwehrt, die Prüfung der Scheinselbstständigkeit selbst zu veranlassen. Vielmehr tritt eine dritte Instanz auf den Plan, beispielsweise eine Krankenkasse, die diese Prüfung einfordert, zum Beispiel, um ausstehende Beiträge einzufordern.
Was wird in der Prüfung untersucht? – Scheinselbständigkeit Kriterien
Im Rahmen seiner Durchsicht stellt der Prüfer gleichermaßen auf geschlossene Verträge wie auch auf die tatsächlichen Verhältnisse und Umstände des Berufsalltags des Betroffenen ab. Bei der Suche nach Beweisen achtet der Prüfer insbesondere auf drei Kriterien, die eine Scheinselbstständigkeit begründen würden:
- der Selbstständige beschäftigt selbst regelmäßig keine versicherungspflichtigen Mitarbeiter,
- er ist auf Dauer für nur einen einzigen Auftraggeber tätig und
- dieser Auftraggeber bringt ihm mindestens 5/6 seines Umsatzes ein.
Wer kann von der Scheinselbstständigkeit betroffen sein?
Grundsätzlich besteht für alle Selbstständigen, die Auftragsarbeiten annehmen, die Gefahr einer Scheinselbstständigkeit. Vor allem Freiberufler und freie Mitarbeiter sehen sich einem hohen Risiko ausgesetzt, da sie meist genaue Weisungen von ihren Auftraggebern erhalten.
Freie Mitarbeiter unterscheiden sich von Freiberuflern insofern, dass sie oftmals ein genaues Vertragsverhältnis mit dem Auftraggeber eingehen, auch wenn darin kein Arbeitsverhältnis besteht. Zudem haben sie für gewöhnlich ein Gewerbe angemeldet und müssen dementsprechend eine Gewerbesteuer entrichten.
In der Regel sind Personen, die in wissenschaftlichen, künstlerischen, erzieherischen oder unterrichtenden Berufen arbeiten, besonders häufig betroffen. Gefährdete Berufe sind dabei die folgenden:
- Ärzte
- Architekten
- Berater
- Beschäftigte in der Film- und Fernsehindustrie
- Grafikdesigner
- Handwerker
- Immobilienmakler
- Ingenieure
- Journalisten
- Lehrkräfte
- Programmierer
- Rechtsanwälte
- Spediteure
- Übersetzer
Der Test: Die eigene Scheinselbständigkeit prüfen
Du möchtest überprüfen, wie es um den Status deiner Selbständigkeit steht? Dann solltest du die folgende Scheinselbstständigkeit Checkliste anwenden:
- Bist du als Auftragnehmer an die Weisungen eines Auftraggebers gebunden?
- Wird dir die Einteilung deiner Arbeitszeiten vorgegeben?
- Überschneiden sich deine Aufgaben als Auftragnehmer mit denen von Festangestellten?
- Musst du regelmäßig Berichte über deine Leistungen erstellen?
- Wird dir ein bestimmter Arbeitsplatz vorgegeben?
- Kontrolliert der Auftraggeber deine Arbeit mithilfe bestimmter Soft- oder Hardware?
- Präsentierst du dich nach außen hin nicht als selbständig?
- Verfügst du nicht über eigene Visitenkarten, Briefpapier und ähnliche?
- Betreibst du Kundenakquise für ein anderes Unternehmen?
Solltest du diesen Fragenkatalog überwiegend mit einem Ja beantwortet haben, liegt der Verdacht nahe, dass du scheinselbständig bist.
Die Scheinselbständigkeit vermeiden
Wie wir bereits festgestellt haben, sind die Konsequenzen der Scheinselbständigkeit gravierend und können bisweilen sogar deine Existenzgrundlage zerstören. Umso wichtiger ist es für dich, über alle Scheinselbständigkeit Kriterien genau Bescheid zu wissen.
Die gute Nachricht: Den ersten Schritt hast du schon gemacht, indem du diesen Artikel liest und dich zum Thema informierst. Denn eines ist sicher, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!
Als Selbständiger obliegt dir umso mehr die Pflicht, in allen rechtlichen und finanziellen Belangen stets auf dem Laufenden zu sein. Im Zweifelsfall solltest du auch nicht zögern und lieber einen sachverständigen Anwalt oder Berater engagieren.
Hier aber einige Tipps für deine Scheinselbstständigkeit Checkliste, mit der du ganz sicher bist: Ich kann die Scheinselbständigkeit vermeiden!
Besonderes Augenmerk auf den Dienstvertrag
Falls du einen Dienstvertrag unterschreiben musst, prüfe genau, ob dadurch deine unternehmerische Entscheidungsfreiheit eingeschränkt werden könnte. Falls du nicht länger das unternehmerische Risiko tragen solltest, liegt der Verdacht eines Abhängigkeitsverhältnisses und damit einer Scheinselbständigkeit nahe.
Der Vertrag muss darüber hinaus explizit zum Ausdruck bringen, dass du nicht an Weisungen des Auftraggebers gebunden bist.
Sichere dir des Weiteren die Verantwortlichkeit für die Abführung von Steuern und den Beiträgen für die Sozialversicherung zu.
Unbedingt zu vermeiden ist eine exklusive Ausübung deiner Dienste für den Auftraggeber. Stets solltest du auch Aufträge anderer Kunden annehmen und jene des Auftraggebers ablehnen dürfen. Ebenso darf er dir nicht verbieten, Hilfskräfte, das heißt eigene Mitarbeiter, zu beschäftigen.
Die Bedeutung der Räumlichkeiten
Entscheidende Freiheiten sicherst du dir zu, indem du dir einen eigenen Arbeitsplatz einrichtest.
Der Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung Bund
Wenn du bei der Deutschen Rentenversicherung Bund den entsprechenden Antrag stellst, kannst du dich innerhalb der ersten drei Jahre nach Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
Fazit
Wie eingangs erwähnt, ist das Gebiet der Selbstständigkeit von Grauzonen geprägt, klare Verhältnisse bestehen nur in den seltensten Fällen.
Damit du dennoch rechtlich immer auf der sicheren Seite bist, solltest du bestimmte Dinge setzen:
- Im Zweifel ist es unerlässlich, dass du deinen Auftraggeber auf das Thema der Scheinselbstständigkeit aufmerksam machst. Setze auf klare Kommunikation!
- Angesichts der Tatsache, dass dieser Status für euch beide ausgesprochen negativ wäre, besteht natürlich auch ein Interesse seitens des Auftraggebers, dieses Risiko zu minimieren.
- Trefft klare Vereinbarungen im Dienstvertrag!
- Bewahre deine unternehmerische Freiheit!
- Grenze dich deutlich von den Tätigkeiten deines Arbeitgebers ab!
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