Die Führung eines Gewerbes ist eine komplexe Angelegenheit. Auch der Gewerbesteuerhebesatz spielt dabei eine wichtige Rolle. Um für sämtliche Aspekte der Planung vorbereitet zu sein, solltest du diesen Artikel lesen.
Inhalt
Die Gewerbesteuer
Nicht nur die Anmeldung eines Gewerbes ist mit Kosten verbunden, sondern auch der weitere Geschäftsgang. Bei diesen dauerhaften Kosten handelt es sich um die Gewerbesteuer, die in ihrer Höhe von Kommune zu Kommune unterschiedlich ausfallen kann. An dieser Stelle tritt besagter Gewerbesteuerhebesatz auf den Plan.
Grundsätzlich gilt die Gewerbesteuerpflicht in Deutschland für sämtliche Gewerbebetriebe. Mehrere Urteile des Bundesfinanzhofs haben bestätigt, dass diese Pflicht verfassungsmäßig ist.
Im Bezug auf die Gewerbesteuerpflicht besteht allerdings auch ein Gewerbesteuerfreibetrag, der aktuell bei 24.500 Euro pro Jahr liegt. Solltest du also mit deinem Gewerbe 24.000 Euro jährlich einnehmen, so wird dieser Betrag nicht erfasst.
Bei einem Einkommen von 25.000 Euro unterliegen dementsprechend nur die 500 Euro der Gewerbesteuerpflicht, die über den Freibetrag hinausgehen. Der Freibetrag gilt für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, nicht aber für Kapitalgesellschaften.
Freiberufler sowie Forst- und Landwirtschaftsbetriebe
sind hingegen vollständig von der Gewerbesteuer befreit. Die Gewerbesteuer ist im Gewerbesteuergesetz (GewStG) genau geregelt.
Der Gewerbesteuerhebesatz
Neben der Grundsteuer macht die Gewerbesteuer für die wichtigste Einnahmequelle für die deutschen Gemeinden aus. Aufgrund der Tatsache, dass jede Kommune die Grundsteuer selbst erhebt, fällt sie in der Höhe von Ort zu Ort unterschiedlich aus.
Mithilfe des Gewerbesteuerhebesatzes haben sie daher die Möglichkeit, direkten Einfluss auf die eigene Haushaltskasse zu nehmen. Durch diesen Spielraum versuchen manche Gemeinden jedoch auch, den Hebesatz besonders niedrig halten, um so Gewerbetreibende anzuwerben.
Dieser Praxis sollte dann wiederum entgegengewirkt werden, weshalb festgelegt wurde, dass der Hebesatz den Wert von 200 Prozent nicht unterschreiten darf. Im Zusammenspiel mit der Steuermesszahl, einem Faktor zur Ermittlung der Gewerbesteuer, ergibt sich so ein Prozentsatz von sieben Prozent, den jedes deutsche Gewerbe an Kommune seines Betriebssitzes entrichten muss.
Nach oben hin ist der Hebesatz jedoch unbegrenzt. Die kommunalen Gewerbesteuerhebesätze werden regelmäßig in der kommunalen Haushaltssatzung für ein Haushaltsjahr festgesetzt. Ein Haushaltsjahr entspricht dabei einem Kalenderjahr.
Daraus ergibt sich, dass sie jährlich angepasst werden können. Man bezeichnet sie als Vomhundertsätze (v.H.), sodass sie als Prozentangaben zu sehen sind. Der Mindesthebesatz von 200 Prozent zeigt so beispielsweise an, dass der Steuermessbetrag mit dem Faktor 2 zu multiplizieren ist.
INFO: In den 1990er Jahren erhob die Gemeinde Norderfriedrichskoog in Schleswig-Holstein gar keine Gewerbesteuer und wurde so zur Steueroase. Tochterunternehmen von Deutscher Bank, Lufthansa oder Siemens siedelten sich in der Stadt an.
Die Regelung des Mindesthebesatzes von 200 Prozent wurde daher im Jahre 2004 durch § 16 IV Satz 2 GewStG eingeführt. Heute liegt der Gewerbesteuerhebesatz bei 336 Prozent.
Die Bedeutung des Gewerbesteuerhebesatzes
Die Bestimmung des jeweiligen Gewerbesteuerhebesatzes hat unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik einer jeden Gemeinde. Ein höherer Satz bedeutet zwar auch höhere Einnahmen, kann jedoch zu einer Abwanderung zahlreicher Gewerbetreibender zu Gemeinden mit besseren Konditionen führen.
Während niedrige Hebesätze in geringere Einnahmen umgemünzt werden, können sie Unternehmer dazu bewegen, sich in der eigenen Gemeinde anzusiedeln, wodurch wiederum mehr Geld in die Haushaltskasse gespült wird.
Ein Rechenbeispiel zur Gewerbesteuer – Gewerbesteuerhebesatz Rechner
Die Gewerbesteuer wird auf Basis des Jahresgewinns eines Unternehmens berechnet. Während der Freibetrag für Einzelunternehmen und Personengesellschaften von diesem Gewinn abgezogen wird, müssen Kapitalgesellschaften ihren Jahresgewinn vollständig versteuern.
Eine Kapitalgesellschaft mit einem Gewinn von 67.250 Euro müsste folglich auch genau diesen Betrag besteuern lassen, wohingegen ein Einzelunternehmer nach Abzug des Freibetrags nur Gewerbesteuern für einen Gewinn von 42.750 Euro zu entrichten hätte.
Bundesweit gilt dafür ein einheitlicher Steuersatz von 3,5 Prozent. Aus der Verrechnung des Jahresgewinns mit diesem ergibt sich der Gewerbesteuermessbetrag, in unserem Beispielsfall 2.352 Euro.
Dieser Betrag wiederum muss mit dem Faktor des Gewerbesteuerhebesatzes verrechnet werden.
Im Beispiel der Stadt München, die einen Hebesatz von 490 Prozent festgelegt hat, lautet der Faktor also 4,9.
Somit ergibt sich für die Kapitalgesellschaft mit einem Jahresgewinn von 67.250 Euro eine Gewerbesteuer von 11.533,37 Euro, während die Personengesellschaft lediglich 7.331,63 Euro zahlen müsste.
Jahresgewinn 67.250 x 3,5% Gewerbesteuer = 2.353,75 Euro
2.353,75 Euro x Faktor 4,9 des Hebesatzes für München: =
11.533,37 Euro
Gewerbesteuer gesamt
Der Gewerbesteuerhebesatz für dich als Unternehmer
Die Hebesätze aller Gemeinden Deutschlands sind ebenso im Internet verfügbar wie die jeweils anfallenden Grund- und Gewerbesteuern. Auf diese Weise kannst du genau vergleichen, welche Kommune die besten steuerlichen Bedingungen für dein Unternehmen bietet und wo sich der Betriebssitz kostspielig gestalten würde.
Die regionalen Schwankungen des Satzes sind dabei wahrlich immens. Während du in Frankfurt einen Satz von 460 v.H. zu erwarten hast, liegt er in der Nachbargemeinde Eschborn bei nur 280 v.H. Wie du siehst, hat der Standort deines Unternehmens durchaus weitreichende Konsequenzen für die Finanzen der Firma. Selbstverständlich kommen jedoch noch andere Faktoren zum Tragen.
Denke daran: Du musst die Gewerbesteuer überhaupt nur dann entrichten, wenn du auch ausreichend Gewinn machst. Bestimmte Standorte bieten dir so vielleicht keinen günstigen Gewerbesteuerhebesatz, dafür aber ausgezeichnete wirtschaftliche Bedingungen.
Eine gute Infrastruktur ermöglicht dir auch einen stabilen und nachhaltigen Wachstumskurs. In jedem Falle solltest du daher berücksichtigen, dass ein gut gewählter Standort einen höheren Gewerbesteuerhebesatz nicht nur rechtfertigen, sondern diesen hinsichtlich deines Gewinns sogar bei weitem übertreffen.
Prüfe also genau die infrastrukturellen Umstände deines Standorts, welche Autobahnanbindungen bietet, wie weit der nächste Flughafen entfernt ist und wie es um die Kaufkraft der einheimischen Bevölkerung bestellt ist. Auch das Potenzial der ansässigen Mitarbeiter spielt eine wichtige Rolle.
Überhaupt gilt für das erste Geschäftsjahr: Als Kleinunternehmer wirst du wahrscheinlich nur geringe Gewinne verzeichnen können, sodass die Gewerbesteuer aufgrund des Freibetrags von geringerer Bedeutung ist. Erst in den darauffolgenden Jahren übt der Hebesatz einen spürbaren Einfluss auf den Geschäftsverlauf aus.
Die Zahlung der Gewerbesteuer
Du musst deine Gewerbesteuererklärung beim Finanzamt einreichen, damit es den Gewerbesteuermessbetrag festlegen kann. Anschließend informiert das Amt die zuständige Gemeinde und dir wird der Bescheid zur Gewerbesteuer ausgestellt.
Wenn das Finanzamt beim Jahresabschluss eine Gewerbesteuer festsetzt, ergibt sich daraus eine Pflicht zur Vorauszahlung der Gewerbesteuer im Hinblick auf das darauffolgende Wirtschaftsjahr.
Sowohl die Gewerbesteuer als auch die Einkommens- und Körperschaftssteuer müssen quartalsweise vorausgezahlt werden. Dafür gelten die folgenden Daten: 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November. Aus diesem Grunde solltest du als Unternehmer darauf achten, stets zu diesen Stichtagen zahlungsfähig zu sein.
Der Gewerbesteuerhebesatz in Deutschland – Gewerbesteuerhebesatz Vergleich
Aktuell ist der Gewerbesteuerhebesatz in der Gemeinde Enzklösterle am höchsten. Sie befindet sich im Landkreis Calw in Baden-Württemberg und weist einen Satz von 1.800 Prozent auf.
Unter den Großstädten liegen Offenbach, Berlin und Hagen auf den Spitzenplätzen, mit einem Hebesatz von 995, 810 und 750 Prozent. Grundsätzlich liegt er in urbanen Gebieten höher als in ländlichen Regionen.
So verzeichnet Nordrhein-Westfalen als äußerst dicht besiedeltes Bundesland nahezu durchgängig hohe Gewerbesteuerhebesätze, während Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern geringe Werte vorweisen können.
Statistiken zeigen, dass die durchschnittlichen Sätze in den letzten fünf Jahren vor allem in Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland deutlich gestiegen sind, wohingegen Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Sachsen stagnieren. In der DDR galt übrigens ein einheitlicher Hebesatz der Gewerbesteuer von 400 Prozent.
Fazit
- Stelle darauf ab, welche Rechtsform dein Unternehmen hat und ob dir danach der Freibetrag zusteht.
- Du kannst bei der Wahl des Standorts für dein Unternehmen anhand des Hebesatzes zwar taktieren, solltest anderen Faktoren allerdings mehr Aufmerksamkeit schenken.
- Im ersten Jahr deiner Gewerbetätigkeit sind Hebesatz und Gewerbesteuer wegen des Freibetrags weniger entscheidend.
- Steueroasen gibt es seit 2004 in Deutschland nicht mehr.
- Der Gewerbesteuerhebesatz ist in Städten grundsätzlich als in ländlichen Gebieten.
- Der Hebesatz hängt im Durchschnitt auch vom jeweiligen Bundesland ab.
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